Die Einheit der Gemeinde
Epheser 4,1-6 – 03.06.2012 – Pastor V. Janke

Ich war beeindruckt. Es war bei einer Olympiade oder einem großen Fußballspiel. Das Stadion war gefüllt. Zigtausende Menschen. Und dann erschien plötzlich eine Botschaft, ein Symbol über den Köpfen von vielen Menschen. Viele Zuschauer hielten ein Schild über ihre Köpfe. Zusammen ergaben die vielen Schilder eine Botschaft. Um diese Botschaft zu senden, waren Planung, Vorbereitung, Absprachen und Einmütigkeit nötig. Jedes Mal, wenn Menschen irgendwo demonstrieren, dann ist es ähnlich. Jede Demo will eine Botschaft senden. Für diese Botschaft tun sich Demonstrierende zusammen. Dafür setzen sich Demonstranten ein. Dafür werden Plakate und Banner beschriftet. Eine Botschaft vereint alle Demonstranten.


Welche Botschaft senden wir als Gemeinde, als Christen? Welche Botschaft kommt bei den Menschen an? Wir sind eine Vielfalt von Menschen, die eine Botschaft glaubhaft weitergeben wollen. Wir wollen die Liebe Gottes zu den Menschen und seine Vergebung durch Jesus Christus bekannt machen. Aber kommt diese Botschaft auch an? Einheit macht glaubwürdig. Mit Einheit ist aber nicht Einheitlichkeit gemeint. Wir sind eine von Gott gewollte Vielfalt. Jeder ist ein Original. Jeder ist ein genialer, einzigartiger Gedanke Gottes. Jesus liegt die Einheit seiner Gemeinde sehr am Herzen. Wenige Stunden vor seinem Tod betete Jesus um die Einheit seiner Jünger.


Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. (Einheit macht glaubwürdig. Ohne Einheit werden Menschen der Botschaft von Christus nicht glauben. Für diese Einheit betete Jesus. Und für die Menschen, die noch Christen werden sollen.) Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. Joh 17,20-23 Einheit unter Christen ist möglich, weil Jesus den Christen Herrlichkeit gegeben hat. Einheit unter Christen ist ohne die Hilfe Gottes nicht möglich. Wenn wir ein sind, dann verdanken wir es letztlich der Hilfe Gottes.


Weil Einheit unter Christen Jesus wichtig ist, soll auch uns Einheit wichtig sein. Ist mir die Einheit meiner Gemeinde wichtig? Gottes Wort sagt mir: Einheit ist mehr als ein fröhliches Miteinander. Einheit ist mehr als gemeinsame Interessen zu haben, gemeinsame Ziele, Hobbys oder Erfahrungen. Wir haben viel Gemeinsames. Aber hält uns das auch zusammen? Was verbindet uns, wenn wir schwierige Zeiten erleben? Worin besteht die Einheit, die wir bewahren sollen durch das Band des Friedens? Antworten finden wir in Eph 4,1-6.


These: Christen sind aufgerufen durch die Ausübung geistlicher Disziplinen persönlich und gemeinsam, die vom Geist Gottes gewirkte Einheit zu bewahren.


Epheser 4,1-6 macht deutlich, wie die Einheit der Gemeinde bewahrt werden kann. Einheit wird sichtbar und erfahrbar, wenn sie auf drei Säulen steht: 1. Bereitschaft; 2. Berufung; 3. Beteiligung.


1. Bin ich bereit, mich ermahnen zu lassen?


So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, …, Das Wort ermahnen hat einen hohen Stellenwert für Christen. Die ersten Schritte im Leben eines Christen, sind Schritte von Menschen, die sich ermahnen lassen. So sind wir nun Botschafter an Christi Statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! (…) Als Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. 2. Kor 5,20+6,1


Christen werden ermahnt. Christen lassen sich ermahnen. Das Wort erscheint 109 Mal im NT. Es hat die Bedeutung, jemanden aufzufordern, ermutigen, bitten, zur Seite stehen. Ich habe mich gefragt, warum wird dies Wort Mal als Ermahnung und Mal als Ermutigung übersetzt? Ich vermute: Die ermahnenden Worte eines anderen werden dann als Ermutigung erlebt, wenn ich sie bejahe, als hilfreich ansehe, als Rat von Gott. Entscheidend ist dann die Einstellung mit der ich auf Gott oder andere Menschen höre. In Zukunft möchte ich deshalb versuchen, Kritik als Ermutigung zu verstehen.


Ermahnung ist wichtig, weil die frohe Botschaft von Christus eine Verpflichtung enthält Gott gegenüber, der Gemeinde gegenüber, allen Menschen gegenüber. Diese Verpflichtung hat mit meiner Berufung zu tun. Und meine Berufung hat ihren Grund darin, dass ich Gottes Kind geworden bin. Der ganze Hebräerbrief ist ein Wort der Ermahnung: Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, nehmt dies Wort der Ermahnung an; ich habe euch ja nur kurz geschrieben. Hebr 13,22 Alle Christen sollen sich gegenseitig ermahnen: lasst uns aufeinander achthaben und uns anreizen zur Liebe und zu guten Werken und nicht verlassen unsre Versammlungen, wie einige zu tun pflegen, sondern einander ermahnen, und das um so mehr, als ihr seht, dass sich der Tag naht. Hebr 10,24f Es gibt sogar die Geistesgabe der Ermahnung: Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er. Röm 12,8 Glaube an Jesus Christus wird praktisch erfahrbar in meiner Bereitschaft, mich ermahnen zu lassen. Was bedeutet das nun konkret?


  • Erstens:

ich lerne und übe mich darin, Hilfe anzunehmen in Form von Trost, Rat, Beistand.


  • Zweitens:

ich lege manche Gedanken und Verhaltensweisen ab, gewöhne mir andere an.


  • Drittens:

ich verliere den Sinn und das Ziel meines Lebens nicht aus den Augen – Gott zu ehren und zu lieben. Letztlich steht Gott hinter jeder notwendigen Ermahnung. Wir tun gut daran, seine Autorität ernst zu nehmen. Gott zu „ehrfürchten.“ Jede Ermahnung erinnert uns: Gott steht uns zur Seite, uns zu helfen. Die entscheidende Frage lautet: Wer spricht zu mir? Und mit welcher Einstellung höre ich?





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2. Bin ich zu einem neuen Leben berufen?


So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, Viele Christen denken bei dem Wort Berufung an „besondere Christen, Missionare, Pastoren“. Mit Berufung ist der Ruf zum Glauben gemeint. Berufung ist ein anderes Wort für „zum Glauben an Christus kommen.“ Jeder Christ ist zu einem neuen Leben berufen. Das neue Leben soll auf Jesus hinweisen, auf den, der mich berufen hat.


Würdig bedeutet „gleiches Gewicht haben, gleiche Bedeutung haben, gleichen Stellenwert geben.“ Welchen Stellenwert, welche Bedeutung, welches Gewicht hat dein Glaube an Christus? Das Wort „würdig“ weist auf das Bild einer Waage. In der einen Waagschale ist die Liebe Gottes, die sich im Tod seines Sohnes für mich als erlösende und gewichtige Liebe bezeugt. In dieser Waagschale sehe ich, dass ich teuer erkauft bin mit dem Blut Jesu. So viel bin ich Gott wert! In der anderen Waagschale ist mein Leben. Zeigt mein Leben, dass ich die Liebe Gottes zu mir würdige, ernst nehme? Zeigt mein Leben, dass Jesus Christus mir viel bedeutet? Ob ich würdig der Berufung leben zeigt sich in meiner Beziehung zur Gemeinde (Eph 4,2-16), zur Gesellschaft (Eph 4,17-5,21), zu meiner Familie (5,22-6,9), und zu den unsichtbaren bösen Mächten (Eph 6,10-20).


So ermahne ich euch nun, ich, der Gefangene in dem Herrn, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe. Der Ruf Gottes zu einem neuen Leben erfordert, dass ich 3 Charaktereigenschaften einübe: Demut, Sanftmut, Langmut. Das ist sozusagen die Berufskleidung von Christen.


Was ist Demut?
Demut ist die angemessene Einschätzung von mir selbst. Niemand soll sich über andere erheben und höher von sich denken, als es angemessen ist. Bleibt bescheiden und sucht das rechte Maß! Römer 12,3 (GN) Der Demütige sagt: „Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch in Gottes Augen gleich wertvoll ist.“ Der Ausdruck Demut kommt aus dem althochdeutschen diomuoti. Das bedeutete dienstwillig sein, die Gesinnung eines Dienenden haben. Ein Mangel an Demut, an Dienstwilligkeit, an der Gesinnung eines Dienenden ist bis heute ein Hindernis für Einheit. Ein anschauliches Bild für Demut ist Jesus Christus. Er hat uns ein Beispiel für demütiges Verhalten gegeben. Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie Jesus Christus auch war …der sich selbst erniedrigte und gehorsam wurde bis zum Tod, ja bis zum Kreuzestod. Phil 2,5+8 Jesus „wurde gehorsam“. Das ist mit einem Wort gesagt: „Demut“. Demut kommt übrigens nie allein.


Was ist Sanftmut?
Sanftmut ist die Fähigkeit, sich und seine Gefühle zu beherrschen. Sanftmut ist wenn ich besonnen reagiere, wenn ich mich provoziert fühle. Sanftmut ist nicht Schwäche. Im Gegenteil. Ein Rennpferd, dass sich durch Zaumzeug lenken lässt von einem Kind ist ein Beispiel für Sanftmut. Der Sanftmütige weiß um ein Unrecht, lässt sich aber nicht zum Vergelten verführen. Jesus lädt ein: «Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.»


Was ist Langmut?
Langmut bedeutet einen langen Atem mit anderen Menschen zu haben. Langmut hat mit Ausdauer zu tun. Einem Langmütigen geht nicht so schnell die Puste aus im Umgang mit Menschen. Zum Glaubensbekenntnis der Juden gehört die Langmut Gottes: Der Herr ist barmherzig und gnädig, langmütig und reich an Güte. Ps 103,8 Die Elberfelder Bibel hat statt langmütig „langsam zum Zorn.“ Die Liebe ist langmütig und freundlich… 1. Kor 13,4 Der Langmütige lässt sich durch andere nicht zum Zorn reizen. Das Gegenteil ist Jähzorn.


3. Beteilige ich mich am geistlichen Leben?


Geht in Liebe aufeinander ein! Setzt alles daran, dass die Einheit, wie sie der Geist Gottes schenkt, bestehen bleibt durch den Frieden, der euch verbindet. V. 3 (Hfa) Einheit erfordert die Beteiligung von allen. Zuerst sollen sich alle ermahnen lassen – von Gott, von Menschen in Leitungsverantwortung. In meiner Familie gibt es manchmal anstrengende Gespräche und Diskussionen. Fast immer geht es darum, dass wir um Einheit ringen, um eine gemeinsame Sicht für etwas. Die Option „dann geh ich eben weg“ gibt es nicht. Das Ringen um Einheit erfordert viel Geduld, Respekt und auch Leidensbereitschaft. Ähnlich ist es auch in der Gemeinde. Wenn ich diese Worte in Epheser 4 lese, dann lese ich auch von der unausgesprochenen Bereitschaft, aus Liebe zu Jesus und zum anderen, Leiden zu ertragen.


Bemüht euch, befleißigt euch, seid darauf bedacht, setzt alles daran bedeutet: Einsatz, Mühe, Liebe, Demut, Sanftmut, Langmut sind nötig. Das Band des Friedens bleibt bestehen, wenn ich etwas dafür tue. Ein Fluglotse sitzt vor einem Radarschirm. Darauf sind Punkte. Jeder Punkt steht für ein Flugzeug mit vielen Menschen an Bord. Seine Aufgabe ist es, Zusammenstösse in der Luft zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass jedes Flugzeug sicher landet. Jeder Pilot weiß, wie wichtig der Fluglotse ist. Jeder Pilot weiß, dass er auf den Fluglotsen hören muss. Unser Fluglotse ist Gott. Die Gemeinde ist das Flugzeug, in dem wir sitzen. Wir sind Flugkapitäne – verantwortlich für Menschen, dem guten Miteinander verpflichtet. Unsere Bereitschaft, auf den „Fluglotsen“ zu hören, bewahrt uns vor tödlichen Zusammenstössen. Unsere Bereitschaft, mit Demut, Sanftmut und Langmut einander zu begegnen, bewahrt den Frieden, stiftet Frieden. Wenn wir uns als Diener Gottes sehen, die berufen sind, als Diener zu leben, wird der Friede Gottes erfahrbar.


Gut, dass wir einander haben, gut, dass wir einander sehn.
Sorgen, Freude, Kräfte teilen und auf einem Wege gehn.
Gut, dass wir nicht uns nur haben,
dass der Kreis sich niemals schließt
und dass Gott, von dem wir reden, hier in unsrer Mitte ist.
Keiner, der nur immer redet; keiner, der nur immer hört.
Jedes Schweigen, jedes Hören, jedes Wort hat seinen Wert.
Keiner widerspricht nur immer; keiner passt sich immer an.
Und wir lernen, wir man streiten und sich dennoch lieben kann.
(Manfred Siebald)



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Gottesdienst: So 10:00

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