Du weißt noch nicht, wie sehr Gott dich liebt! Du weißt noch nicht, wie viel du Gott bedeutest. Du weißt noch nicht, wie viel mehr du Gott danken und loben solltest. Darum erinnern wir uns heute an den Tod von Jesus. Darum gedenken wir dieses dunklen Tags in der Geschichte, der so viel Licht und Leben gebracht hat in die Welt. Karfreitag ist wichtig weil Gottes Liebe wichtig ist. Karfreitag ist wichtig, weil wir wichtig sind. Karfreitag ist wichtig, weil es uns gut tut innezuhalten und über das Wesentliche nachzudenken. Wir erinnern uns heute an den höchsten Ausdruck der Liebe. Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Römer 5,8 So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Johannes 3,16
Nur an Karfreitag wird deutlich, wie sehr Gott die Welt liebt. Diese Liebe Gottes gilt allen Menschen. Sie ist Wirklichkeit in Jesus Christus. Für die ganze Welt und für alle Sünden ist er gestorben. Er hat das alles für mich erlitten und ertragen! Gott helfe uns, das zu sehen.
1. Wo geliebt wird, wird auch getrauert.
An den Wassern zu Babel saßen wir und weinten, wenn wir an Zion gedachten. V.1 Auch heute sitzen sie und weinen: Hinterbliebene, Vertriebene, Verfolgte, Diskriminierte, Bedrohte, Mißbrauchte. Und immer hat Weinen auch mit Liebe zu tun, mit verlorener Liebe, schuldig gebliebener Liebe. Psalm 37 ist ein wertvoller Beitrag für die wichtige Erinnerungskultur. Warum ist erinnern wichtig? Eine Antwort: Der Liebe willen ist erinnern wichtig. Der Psalm ist Ausdruck der Liebe zu Gott und der Verehrung Gottes. Wo geliebt wird, wird auch getrauert. Welcher Mensch kann denn von sich sagen: Ich habe genug geliebt in meinem Leben? Ich bin niemandem Liebe schuldig geblieben? Das kann nur einer: Jesus. Ich kann noch nicht so lieben wie ich gern würde. Lebenslang lerne ich zu lieben. Und Karfreitag erinnert mich daran, dass auch Schmerz und Opfer zur Liebe gehören. Manche Situation kann man nur mit Tränen anschauen. Wofür steht Zion? Zion steht für die Identität des Volkes Israel, für den Schaden, für Verlorenes, für Folgen der Sünde. In jeder Geschichte gibt es auch schmerzhafte Brüche und traurige Zeiten, die Notwendigkeit zu trauern. Trauern und Weinen ist Teil des Lebens. Manchmal ist Weinen das Beste, das Wichtigste und das einzig Sinnvolle. Es gibt ein Recht auf Trauern und traurig sein. Das gemeinsame Trauern und Weinen hat einen Wert.
Für mich gingst du nach Golgatha, für mich hast du das Kreuz getragen, für mich ertrugst du Spott und Hohn, für mich hast du dich lassen schlagen. Ref.: Herr deine Liebe ist so groß, dass ich sie nie begreifen kann, doch danken will ich dir dafür. Herr deine Liebe ist so groß, dass ich sie nie begreifen kann. Ich bete dich an.
2. Wo geliebt wird, werden Zeichen gesetzt.
Unsere Harfen hängten wir an die Weiden dort im Lande. V.2 Das ist eine wichtige symbolische Zeichenhandlung. Die Instrumente, die in den Bäumen hängen, sind ein deutliches Zeichen: wir können nicht fröhlich singen. Sie sind auch ein Ausdruck des Protests gegen Ansprüche und Erwartungen, die nicht geleistet werden können. Symbolische Zeichenhandlungen helfen, die Liebe zu verstehen. Die Teilnahme an der Mahlfeier ist so eine Zeichenhandlung. Der Besuch des Gottesdienstes auch. Die Harfen in den Weiden sagen: Wir können jetzt unmöglich singen! Christen sagen durch ihre Teilname am Gottesdienst: Das ist mir sehr wichtig. Ich kann jetzt unmöglich etwas anderes tun.
3. Wo geliebt wird, wird gemeinsam gesungen.
Denn die uns gefangen hielten, hießen uns dort singen und in unserm Heulen fröhlich sein: »Singet uns ein Lied von Zion!« Karfreitag ist ein Feiertag, an dem nicht gefeiert werden darf. Per Gesetz darf nicht getanzt werden. Damals war es genau anders herum: die Babylonier wollte tanzen zu den fröhlichen Liedern. Aber die Juden konnten nicht fröhlich singen. Gefangenschaft, Flucht, Asyl allein sind Grund zum Weinen und Trauern. Aber nicht immer ist das offensichtliche auch das Wichtigste. Diese Menschen trauern weil sie das Kostbarste Verloren haben. Du weißt nicht wirklich wie es Menschen geht, es sei denn du fragst sie und nimmst dir Zeit.
Singet uns! Das ist das Wesen der Unterhaltungsindustrie, eine fröhliche Show fordern. Die Täter verharmlosen ihre Schuld und machen damit ihre Schuld noch größer. Sie nehmen nicht das Leid und die Trauer zur Kenntnis. Mit der Forderung sagen sie: Hört mit dem Heulen auf, seid fröhlich und tut so als ob nichts geschehen wäre. Die Besiegten werden von ihren Bezwingern verspottet: „Singt ein Zionslied!“ Auch Jesus wurde verspottet: …und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßet seist du, der Juden König!, und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit sein Haupt. Matth 27,29f Hämisch fordern ihre Feinde sie auf, ein Zionslied zu singen, also ein Loblied auf die Pracht, Würde und Unbesiegbarkeit des zerstörten Jerusalem – was für ein beißender Spott!
Wie könnten wir des HERRN Lied singen in fremdem Lande? V.4 Für Gläubige ist das Singen sehr wichtig. Aber die Bedingungen müssen stimmen. Das Singen muß übereinstimmen mit der Seele, dem Inneren. Am Singen entscheiden sich wesentliche Fragen des Lebens. Nicht singen zu können ist wie eine Strafe, ist hart. Denn Singen gehört zum Sinn des Lebens für Gläubige.
4. Wo geliebt wird, legt man sich fest.
Vergesse ich dich, Jerusalem, so verdorre meine Rechte. V.5 Jerusalem wird Person. Jerusalem ist viel mehr als nur eine Stadt. Sie hat tiefe Bedeutung für die Juden. Vers 5 ist eine Selbstverfluchung und zugleich eine sehr starke Selbstverpflichtung: Ich will Jerusalem nie vergessen! Liebe legt sich fest und hält fest. Wer liebt gibt den Geliebten nicht leichtfertig auf. Wie kann man diese Hoffnung, diese Spannung aushalten? Wie kann man sich auch gegen das Vergessen entscheiden?
Meine Zunge soll an meinem Gaumen kleben, wenn ich deiner nicht gedenke, wenn ich nicht lasse Jerusalem meine höchste Freude sein. V.6 Stell dir vor, deine höchste Freude wird dir genommen – wie ist das? Wörtlich: … hinstelle als den Gipfelpunkt meiner Freude. Vgl. Ps 73,28
Diese Freude ist der Grund für die Tränen.
5. Wo geliebt wird, ist auch Zorn.
HERR, vergiss den Söhnen Edom nicht, / was sie sagten am Tage Jerusalems: »Reißt nieder, reißt nieder bis auf den Grund!« Die Worte hatten sich tief eingegraben haben ins Gedächtnis! Schmerzhaft. Schockierend. Unfaßbar. Wie ein Urteil aus dem Mund des Richters. Worte können tief verletzen und lange schmerzen. In Psalm 137 wird Gott in den ersten 6 Versen nicht angesprochen. Die Edomiter, die Nachkommen Esaus, das Brudervolk der Israeliten, hielt sich ganz auf Seiten Babylons als Jerusalem besiegt wurde. Sie forderten die Zerstörung der heiligen Stadt. Dieser Frevel soll nicht vergessen werden. Sie hatten sich mit schuldig gemacht an den Juden. Der Zorn der Juden wird Gott gegeben. Er ist der Richter.
Tochter Babel, du Verwüsterin, wohl dem, der dir vergilt, was du uns angetan hast! Wohl dem, der deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschmettert! 8f Die Täter werden direkt angesprochen. Hier zeigt sich Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Sühne, nach Wiederherstellung des Friedens. Darf man das sagen, wünschen, beten? Stell dir Mal vor, du bist Babylonier. Stell dir Mal vor, du bist Täter. Wie würde es dir gehen, wenn du so etwas hörst? Stell dir Mal vor, du hättest erleben müssen, dass deine Kinder so brutal ermordet werden? Wie begreift ein Täter die Schwere und Grausamkeit seiner Tat? Weißt du eigentlich was du getan hast? Stell dir vor, du bist Deutscher, der nach Ende des Kriegs durch ein KZ geführt wird. Menschen können so unvorstellbar grausam sein zu Menschen. Vers 9 kann auch als Weckruf an die Täter verstanden werden, sie sollen aus der Leugnung, Verharmlosung, Verdrängung geschockt werden. Die Täter werden mit berechtigtem Zorn konfrontiert.
Das hast du getan! Und auch darum geht es am Karfreitag: Aus Liebe hat hat sein unschuldiges Kind grausam töten lassen, an ein Kreuz nageln lassen. Er hat aus Liebe seinen Zorn auf seinen Sohn gerichtet, damit wir versöhnt werden können. Nun, was du, Herr, erduldet, Ist alles meine Last; Ich hab’ es selbst verschuldet, Was du getragen hast. Schau her, hier steh’ ich Armer, Der Zorn verdienet hat; Gib mir, o mein Erbarmer, Den Anblick deiner Gnad’! (P. Gerhardt)