Der bekannte Evangelist Dapozzo erzählt: ,Jahrelang habe ich um meines Glaubens willen in einem deutschen Konzentrationslager gelitten. Ich wog nur noch 45 Kilogramm, und mein ganzer Körper war mit Wunden bedeckt. Mein rechter Arm war gebrochen und ohne ärztliche Behandlung gelassen. Am Weihnachtsabend 1943 ließ mich der Lagerkommandant rufen. Ich stand mit bloßem Oberkörper und barfüßig vor ihm. Er saß an einer reich gedeckten, festlichen Tafel. Stehend musste ich zusehen, wie er sich die Leckerbissen schmecken ließ.
Da wurde ich vom Bösen versucht: Dapozzo, glaubst du immer noch an den 23. Psalm:
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang!
Im Stillen betete ich zu Gott und konnte dann antworten: ‚Ja, ich glaube daran!' Die Ordonanz brachte Kaffee und ein Päckchen Kekse. Der Lagerkommandant aß sie mit Genuss und sagte zu mir: ‚Ihre Frau ist eine gute Köchin, Dapozzo!' Ich verstand nicht, was er meinte. Er erklärte es mir: ‚Seit Jahren schickt Ihre Frau Pakete mit kleinen Kuchen, die ich immer mit Behagen gegessen habe.'
Wieder kämpfte ich gegen die Versuchung an. Meine Frau und meine vier Kinder hatten von ihren ohnehin kargen Rationen Mehl, Fett und Zucker gespart, um mir etwas zukommen zu lassen. Und dieser Mann hatte die Nahrung meiner Kinder gegessen. Der Teufel flüsterte mir zu: ‚Hasse ihn, Dapozzo, hasse ihn!' Wieder betete ich gegen den Hass an um Liebe. Ich bat den Kommandanten, wenigstens an einem der Kuchen riechen zu dürfen, um dabei an meine Frau und meine Kinder zu denken. Aber der Peiniger gewährte mir meine Bitte nicht. Er verfluchte mich.
Als der Krieg vorüber war, suchte ich nach dem Lagerkommandanten. Er war entkommen und untergetaucht. Nach zehn Jahren fand ich ihn schließlich und besuchte ihn zusammen mit einem Pfarrer. Natürlich erkannte er mich nicht. Dann sagte ich zu ihm: ‚Ich bin Nummer 17531. Erinnern Sie sich an Weihnachten 1943?' Da bekam er plötzlich Angst. ‚Sie sind gekommen, um sich an mir zu rächen?' Ja, bestätigte ich und öffnete ein großes Paket. Ein herrlicher Kuchen kam zum Vorschein. Ich bat seine Frau, Kaffee zu kochen. Dann aßen wir schweigend den Kuchen und tranken Kaffee. Der Kommandant begann zu weinen und mich um Verzeihung zu bitten. Ich erzählte ihm, dass ich ihm um Christi willen vergeben hätte. Ein Jahr später bekehrte sich dieser Mann und seine Frau zu Christus.
" Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem!
Römer 12,21
(Aus Axel Kühner: Überlebensgeschichten für jeden Tag, 14. Auflage, © Aussaat-Verlag, D-Neukirchen-Vluyn)
In Röm 12,17ff geht es um die Versuchung, sich zu rächen für Böses oder Unrecht, das einem widerfuhr. Und es geht um die Aufgabe, den Teufelskreis des Bösen zu brechen, dem Bösen nicht noch mehr Macht und Raum zu geben! Doch dem Bösen widerstehen wir nicht indem wir nur passiv erdulden, ertragen. Vielmehr sollen wir aktiv reagieren, liebend, segnend, Frieden stiftend. Das sind die drei Schlüsselwörter für diesen Abschnitt: Liebe, Segen, Frieden! Und dabei sollen wir uns leiten lassen von Gott selbst:
Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?
Röm 2,4
Die Überschrift für den ganzen Abschnitt Römer 12,9-21 lautet: Die Liebe sei ungeheuchelt. Hasst das Böse! V.9 Und die Zusammenfassung lautet: Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem. V. 21 Und in der Mitte: Vergeltet niemand Böses mit Bösem. V.17
1. Das Böse, das uns geschieht, will uns zum Bösen verführen.
Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. V.17
Diese Woche hat ein Mob in Afghanistan 13 Menschen getötet, Mitarbeiter der UN. Der Mob war erbost über die Verbrennung eines Koran in Amerika. Als ich das las spürte ich eine große Wut über diese Leute, die in Amerika einen Koran verbrennen. Die sollte man.... Und dann dachte ich an dies Wort: Vergeltet niemandem Böses mit Bösem...
Das Böse ist eine Realität in unserem Alltag, überall, täglich. Es ist eine Macht, die uns durch Menschen und Ereignisse begegnet. Und sie will uns verführen, selber Böses zu tun. Das Böse begegnet uns im Straßenverkehr, in der Nachbarschaft, in der Gemeinde und in der Familie. Würde jedes Mal, wenn uns Böses begegnet, eine kleine rote Warnlampe leuchten, sie würde oft leuchten, wir würden staunen – und erschrecken. Das Böse ist da. Es ist eine Macht, die nicht zu unterschätzen ist. Die medizinische Forschung entdeckte diese kleinen Parasiten, die Leben zerstören können: winzig kleine Viren. Man kann sie nur im Elektronenmikroskop sehen. Und doch sind sie sehr wirksam: Sie können Leben zerstören.
Freitag war ich im Auswandererhaus in Bremerhaven. Im Raum von Niger war ein Video mit einen Mädchen vom Stamm der Tuareg. Sie erzählte vom Wasser, dass sie aus dem Brunnen holen. Das Wasser bereitet Bauchschmerzen, macht krank. Aber sie haben kein anderes. Also trinken sie es, und haben Schmerzen. Und wie selbstverständlich trinken wir sauberes Wasser. Wie selbstverständlich erwarten wir, dass das Wasser uns keine Schmerzen bereitet. Es ist sauber, gefiltert. Das Böse ist wie das unsaubere, ungefilterte Wasser, das uns krank macht, Schmerzen bereitet.
Es gibt noch ein anderes „Virus“, ein Virus, das alle Menschen infiziert hat. Dies „Virus“ steckt in jedem Menschen: das Böse. Es ist einfach da in unserer Welt. Es will Leben zerstören und von Gott wegbringen. Und es ist ständig aktiv, manchmal heimlich, manchmal sehr laut. Dies „Virus“ erzeugt Hass zwischen Menschen, stiftet Feindschaft unter Nachbarn, freut sich über das Pech anderer, an Neid und Rechthaberei. Das Böse bringt Spannungen in Beziehungen und zerstört Vertrauen. Manchmal macht es Angst! Es provoziert Trennungen. Wir wissen es: Wir leben nicht in einer heilen Welt. Das Böse ist da, es will in uns eindringen, uns krank machen. Und es will durch uns andere krank machen.
Doch nun seid ihr unter dem Kreuz. Daran erinnert uns Paulus. Ihr gehört dem, der in diese Welt gekommen ist, um die Werke des Teufels zu zerstören: Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre. 1. Joh 3,8 Ihr seid erlöst, geliebt, befreit! Ein gutes Heilmittel kann Viren besiegen. Gegen die Virusmacht des Bösen hat Gott ein Mittel gesetzt: die Macht seiner Liebe: Jesus Christus am Kreuz ist erlösende Macht. Jesus hat nicht passiv erduldet. Er hat sich freiwillig hingegeben. Er hat sich entschieden, stille zu halten und für seine Peiniger, für alle zu beten. Seine Hingabe für uns, sein Sterben am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten ist das Medikament, das wirklich heilt vom Bösen und schützt. Seine Liebe ist das Gegenmittel gegen alles Böse. Konnte Christus seine Liebe in uns hineinlegen? Oder tragen wir nur eine christliche Maske? Darum beginnt Paulus den Abschnitt: „Die Liebe sei ohne Falsch“ – wörtlich: die Liebe sei ungeheuchelt, keine Schauspielerei!
Es war diese Woche so, dass ich meinem Kind den Nachtisch verweigert habe. Als Konsequenz für Arbeitsverweigerung. Ich dachte: manchmal kann Verzicht zum Nachdenken oder Umdenken anregen. Dann dachte ich über eine andere Möglichkeit nach, eine andere Konsequenz. Ich überlegte, ob es manchmal vielleicht sinnvoller ist, die Konsequenz auf mich zu nehmen. Also würde ich die „Strafe“ auf mich nehmen. Ist das sinnvoller?
Die entscheidende Frage ist: Was bringt ein Kind zum Nachdenken und zum Umdenken?
Und: Was bringt einen Menschen dazu, Böses nicht mit Bösem zu vergelten?
(Die Idee, das Böse mit einem Virus zu vergleichen entstammt einer Predigt von Prälat Ulrich Mack, Stuttgart, http://biblische-lehre.die-apis.de/redsys/uploads/Roemer_12_9_21.pdf)