Farbe kommt in dein Leben, wo der Meistermaler malt. So lautet der Refrain eines christlichen Liedes. Wer mit Jesus Christus lebt, der weiß etwas von den Farben, mit denen Gott malt. Und am Ende wird jedes Leben zu einem Kunstwerk. Es ist aber nicht so, dass mein Leben eine weiße Leinwand ist, auf die Jesus, der Meistermaler, malt. Nein, vielmehr habe ich selbst versucht, etwas Schönes zu malen, etwas Besonderes aus meinem Leben zu machen. Und auch nachdem ich Jesus eingeladen hatte, sein Können an mir zu beweisen, greife ich immer wieder selbst zu Pinsel und Farbe. Darum liegt die Kunst des Meistermalers nicht nur in der gekonnten Verwendung der richtigen Farben. Der Meistermaler ist darum ein Meister, weil er auch das schön macht, was mir misslungen ist. Und am Ende wird jedes Leben, unter das er seinen Namen setzt, zu einem Kunstwerk. Davon bin ich überzeugt. Darum ist Jesus der Meistermaler!
Wir schauen heute zurück auf das vergangene Jahr. Wäre das Jahr 2010 ein Bild, was wäre wohl zu sehen auf deinem Bild? Die großen Ereignisse in der Weltgeschichte und Politik, die wurden uns in den Medien vielfältig vor Augen gemalt. Viel faszinierender und bedeutender ist unser persönliches Leben. Und das Gemeindeleben. Mein ganz persönliches Jahr zu malen, zu zeichnen, das ist sicher keine einfache, aber doch eine lohnende Aufgabe. Weil ich entdecken werde, je länger ich hinschaue, dass Jesus Christus sein Können, seine „Farben“, sein Wesen an mir bewiesen hat. Und sicher auch an jedem von euch. Das zu erkennen, braucht etwas Zeit und Muße. Und wenn ich sehe, wo und wie Gott in meinem Leben im vergangen Jahr „gemalt“ hat, dann gehe ich dankbarer und zuversichtlicher in das neue Jahr. Dann möchte ich singen. Dann möchte ich meine Freude und Dankbarkeit ausdrücken.
1. Die Farben mit denen Gott malt heißen Gnade, Güte, Treue
Nicht uns, HERR, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre um deiner Gnade und Treue willen!
Wer sich auskennt mit Farben, mit Malen und Zeichnen, der weiß: es gibt nicht nur rot, blau, gelb, grün, schwarz und weiß. Jeder Farbton hat einen eigenen Namen. Es gibt z.B. Ultramarinblau, Aquamarinblau, Azurblau, Hellblau, Dunkelblau, Mittelblau, Cyanblau, Violettblau u.v.m. Die Farben mit denen Gott unser Leben zu einem Kunstwerk macht, haben auch Namen. Sie heißen Gnade, Güte, Treue. Im Leben von Menschen werden diese Farben sichtbar und schön anzusehen. Und wer genau hinschaut, der wird anhand der Farben Gnade, Güte und Treue, den Meistermaler am Werk sehen. Gott bezeugt seinen Namen in deinem und in meinem Leben! Gott bezeugt seinen Namen im Leben dieser Gemeinde. In Psalm 115 und vielen anderen Bibelstellen wird das so beschrieben: Gott gibt seinem Namen Ehre! Ehre beschreibt hier das, was Bedeutung, Herrlichkeit, Glanz, Größe hat. Ehre beschreibt, was aus dem Wesen Gottes kommt. Gnade, Güte und Treue kommen aus dem Wesen Gottes. Gnade, Güte und Treue machen unser Leben zu einem Kunstwerk, das Gott ehrt!
2. Die Farben mit denen Gott malt, sehen viele Menschen nicht.
Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott?
Wie ein schmerzender Stachel sitzt diese unscheinbare Frage im Herzen der Frommen. Dieser provo-kante Vorwurf ist ein Schlüssel zu Psalm 115. Übrigens singen die Juden diesen Psalm jedes Jahr direkt nach der Passa Feier. Auch Jesus sang diesen Psalm mit seinen Jüngern. Dies große Fest er-innert an die Rettung aus Ägypten; es ist die Feier der Überlegenheit Gottes und seiner Liebe zu seinem Volk; und dann diese Zeile: Warum sollen die Heiden sagen: Wo ist denn ihr Gott? Was für ein Kontrast! Auf der einen Seite bei den Heiden Zweifel und Unglaube, auf der anderen Seite bei den Frommen die Erfahrung der Güte und Treue Gottes.
Die Frage, Wo ist denn ihr Gott? können wir auf zwei Arten verstehen. Zum einen, im wörtlichen Sinn. Die Götter der Heiden wurden als Statuen, menschenähnlich dargestellt, wie die Verse 4-8 beschreiben. Die Juden hatten solche Götterstatuen nicht. Nicht eine. Wo ist denn ihr Gott? bedeutet dann, „sie haben keinen Gott.“ Die andere Lesart dieser Frage lautet: Weil die Juden besiegt wurden, ihr Tempel zerstört, das Volk ins Exil verschleppt wurde (Babylon/Assyrien), wo ist dann ihr Gott mit seiner Macht? Die Götter der Sieger sind stärker. Auch heute wird diese Frage gestellt: Wenn Krankheit, früher Tod, Verlust von geliebten Menschen im Leben von Gläubigen eine unheilvolle Macht gewinnen – wo ist dann der liebende, treue, mächtige Gott?! Wenn Gebete nicht erhört werden, die ersehnte Hilfe nicht kommt, wo ist dann mein Gott? Was ist das für ein Gott, der nicht hilft?
Unser Gott ist im Himmel; er kann schaffen, was er will. V. 3 Die Farben mit denen Gott malt sehen viele Menschen nicht, manchmal auch seine Kinder nicht. Vers 3 betont die Souveränität Gottes. Auch mit den Worten in Jes 55,8f beschreibt Gott seine Souveränität: Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern soviel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Es ist wichtig, dass wir uns gegenseitig daran erinnern: Gott ist Gott. Er kann schaffen, was er will. Psalm 115,4-8 beschreibt die Götzen der Nichtjuden. Diese Götzen sind machtlos, tot, stumm, blind... Und wer auf solche Götzen hofft, ist auch tot.
Aber Israel hoffe auf den HERRN! Er ist ihre Hilfe und Schild. Das Haus Aaron hoffe auf den HERRN! Er ist ihre Hilfe und Schild. Die ihr den HERRN fürchtet, hoffet auf den HERRN! Er ist ihre Hilfe und Schild. In den Versen 9-11 findet dann ein Gespräch statt. Der Leiter der Versammlung spricht drei verschiedene Gruppen an: die Priester und hauptamtlichen Sänger, das Volk der Juden und die zum Judentum Bekehrten, die sogenannten Gottesfürchtigen. Und jeder der Gruppen wird direkt ermutigt: Hoffe auf den Herrn! Doch dann heißt es nicht: ^Er ist eure Hilfe und Schild. Es heißt, Er ist ihre Hilfe und Schuld. Als ob der Leiter zu all denen spricht, die diesen ungeheuerlichen Vorwurf machen, „Wo ist nun ihr Gott?“ Dieser Gott, dessen Liebe und Macht ihr nicht seht, dieser Gott ist ihre Hilfe und Schild.
Der HERR denkt an uns und segnet uns; er segnet das Haus Israel, er segnet das Haus Aaron. Er segnet, die den HERRN fürchten, die Kleinen und die Großen. V.12f So antwortet die versammelte Gemeinde. So erinnern sich Gläubige an das Wesentliche: Er denkt an uns und segnet uns. Unser Gott ist ein lebendiger Gott, der uns liebt und der uns gibt, was wir zum Leben brauchen. Der HERR denkt an uns und segnet uns; Für mich ist dieser Vers ein großartiges Bekenntnis, ob gesprochen oder gesungen! Und nach diesem gemeinsamen Bekenntnis bekräftigt der Leiter der Gottesdienstfeier alle in der Versammlung: Der HERR segne euch je mehr und mehr, euch und eure Kinder! Ihr seid die Gesegneten des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.
Psalm 115 ist ein Gebet und heilsame Seelsorge an mir selbst. Wer so betet lebt anders. Wer so betet, schaut genauer hin und freut sich über die Farben, die Gott malt. Beten heißt, mit Gott in Beziehung zu sein. Beziehungen sind nützlich. Der Nachbar guckt im Urlaub nach der Katze. Freunde fahren mich mit dem Auto nach Hause. Der Partner repariert das Fahrrad. Aber gute Beziehungen sind mehr als nur nützlich. Sie sind auch dann gute Beziehungen, wenn wir nur wenig nützen können.
Das bedeutet: Die Abwesenheit guter Beziehungen, die Abwesenheit von Zuwendung, Freundschaft und Liebe macht das Leben arm, traurig und öd – je länger es ist, desto mehr. Aus der Zuwendung des anderen wächst nicht immer Gesundheit, Glück und langes Leben, aber es wächst Lebensmut und Lebenslust. Liebevolle Zuwendung ist Segen. Das gilt für die Zuwendung durch Menschen und es gilt für die Zuwendung Gottes. Der Anfang des Psalms zeigt diese Haltung der vertrauten Beziehung zu Gott, die nicht auf Nutzen aus ist: Nicht uns, HERR, nicht uns, sondern deinem Namen gib Ehre. Das ist Liebe zu Gott, die nicht zuerst nach Nutzen fragt, sondern sich an Ihm freut und an den Farben, die Er liebevoll malt: Gnade, Güte und Treue!
Unser Anteil an dieser von Nähe und Ehrfurcht geprägten Beziehung zu Gott ist das vertrauensvolle Gebet. Unser Anteil an dieser Beziehung zu Gott ist es, Psalm 115 zu beten. So heißt es im Psalm vermutlich ursprünglich als Responsorium gedacht: „Israel, vertraue auf den HERRN“, „Haus Aaron, vertraue auf den HERRN“, „Ihr Gottesfürchtigen, vertraut auf den HEERN“ - betet mit. Haltet Euch an Gott auch in eurer Not. Tretet vor ihn mit euren Klagen und Gebeten. Er segnet. Er segnet mit seiner Liebe und Treue die Kleinen samt den Großen. (…) Vielleicht segnet er nicht mit Gesundheit, Glück und langem Leben, aber mit seiner Zuwendung, mit seiner Nähe, damit, dass er unser gedacht hat und unser gedenken wird, auch über den Tod hinaus. „Gesegnet seid ihr vor dem HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat.“ Amen.
Universitäts-Gottesdienst vom 4.10.09 in St. Peter zu Ps 115 - Pfr. Dr. Luzius Müller, ref. Pfarramt beider Basel an der Universität