Kennen Sie das auch? Man geht durch die Stadt, denkt an nichts Besonderes, und da, auf einmal sieht man etwas im Schaufenster, was einen total fasziniert. Vielleicht ist es eine Uhr, ein Kleid oder ein Sammlerstück für mein Hobby. Für jeden wird es etwas anderes sein, was ihn faszinieren kann. Auf jeden Fall: Auf einmal hat es einen gepackt. Vorbei ist es mit der Ruhe: Das habe ich eigentlich schon immer gesucht. Jetzt weiß ich es. Das muss ich haben!
Aber nein, das geht ja gar nicht – ist ja viel zu teuer. Ich muss mir das schnell wieder aus dem Kopf schlagen – leider. Es ist seltsam: In den nächsten Tagen ertappe ich mich, dass ich Umwege mache, um an diesem Schaufenster vorbei zu kommen. Was ich da gesehen habe, lässt mich nicht mehr los. Ich überlege und rechne: Wenn ich auf anderes verzichten würde – vielleicht könnte ich es dann schaffen? Denn eins ist mir inzwischen klar geworden: Ich muss das haben!
Alles andere wird zweitrangig. Auf dieses eine kommt es jetzt an. Und nun ahne ich auch schon die Freude, wenn das erst meins sein wird. Kennen Sie das auch?
In der Bibel habe ich von einem Mann gelesen, dem es so ähnlich erging.
Matthäus 13, 45
Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte, und als er die eine köstliche Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte diese Perle.
Eine Perle hatte es diesem Mann angetan – ein Prachtexemplar von einer Perle. Ja , Perlen können faszinieren, und sie haben es von jeher getan. Sie sind sehr kostbar, aber eben auch sehr teuer.
Wie verhält sich dieser Kaufmann? Ist es sinnvoll, was er da macht – verkauft alles was er hat um diese Perle zu besitzen? Man könnte ja nun fragen: Wie kann sein Geschäft nun überhaupt weitergehen, wenn er sein Kapital so festlegt? Es sei denn, er will die Perle gleich wieder verkaufen. Aber danach hört sich der Bericht nicht an. Die Faszination liegt ja wohl im Besitzten.
Wovon wird er nun leben? Nein, sinnvoll ist das nicht – aber er tut es doch. Warum? Was ist der Grund für sein unvernünftiges Handeln? Unmittelbar vor diesem Text steht eine ähnliche kleine Geschichte, und die gibt uns das Stichwort: „In seiner Freude“ heißt es da. In seiner Freude ging er hin und handelte so – und kaufte diese Perle.
Dieser Mann ist überrascht von der Freude – das ist es.
Wenn die große Freude – diese alle Maßen übersteigende Freude einen Menschen erfasst, dann reißt sie ihn mit. Alles andere verblasst vor dem Glanz dessen, was er da gefunden hat. Kein Preis scheint nun zu hoch. Dass er ohne viel Zögern nun alles andere drangibt, wird geradezu selbstverständlich – denn: Er ist überrascht von der Freude. Das ist der Grund seines Handelns.
Diese kleine Gleichnisgeschichte hat Jesus erzählt. Was wollte er damit deutlich machen? Was ist denn kostbar und bedeutsam genug, um solche Freude auszulösen?
Jesus spricht hier vom „Himmelreich“ – von der Einladung Gottes. Wer Gottes Einladung hört und begreift, sagt er, der wird überrascht von der Freude – so wie dieser Kaufmann in dem Gleichnis. Überrascht von der Freude durch Gottes Einladung.
Wozu sind wir denn eingeladen?
Ich möchte es so sagen:
wir sind eingeladen
Geht das denn? Nein sicherlich nicht so, dass ich aus meinem bisherigen Leben einfach aussteigen könnte oder sollte – so nicht! Aber Gott lädt mich ein zu einer neuen Weise, mein Leben zu sehen und zu gestalten.
Da frage ich mich: Wodurch war denn mein Leben bisher bestimmt? Dann ist da z.B. ein Haupt-Wort: ANGST. Meine vermeintlichen Sicherheiten hatte ich eigentlich schon lange durschaut. Und was blieb war so oft die Angst. Und ich weiß, dass es Millionen von Menschen ebenso ergeht.
In manchen Demonstrationen etwa kommt das zum Ausdruck.
Wenn da nun eine Zuversicht wäre, ein bischen Größer als meine Angst, wenn es dafür wirklich einen Grund gäbe, wäre das nicht großartig? Wäre das nicht ein Grund zur Freude?
Ein anderes Haupt-Wort war für mich: KEINE HOFFNUNG.
Hoffen? Worauf? Sicher, wir alle hoffen jeden Tag. Ganz ohne Hoffnung kann niemand leben. Aber manchmal frage ich mich doch: Hoffe ich nicht letztlich doch ins Leere hinein? Mache ich mir nicht selber etwas vor? Rede ich mir nicht Hoffnung bloß ein?
Wenn es aber nun wirklich ein Ziel für meine Hoffnung gäbe,
das da gewiss ist
Und noch ein anderes Haupt-Wort, das mich schon in jungen Jahren umgetrieben hat: SINNLOSIGKEIT.
Was soll das denn alles, was ich tue?
Wenn es aber nun wirklich einen Grund gäbe zu glauben: Da ist Einer, eine letzte umgreifende Instanz, Einer der mich sieht – der hat gesagt, auf mein Tun kommt es an! Ich habe hier einen Auftrag!
Wenn das so wäre – das wäre großartig. Wenn ich das glauben könnte:
Ein Stückchen dieser Welt heute – ist gerade in meine Hand gegeben, und es kommt nun darauf an, was ich daraus mache, wie ich meine Arbeit tue - das würde mich aufwecken.
Da wäre ich so froh, dass ich mit großem Ernst jeden Tag neu anpacken würde. Wenn ich glauben könnte: Irgendwo passt das zusammen, was ich tue und worum andere sich mühen, und das alles gehört zu einem großen Plan (auch wenn ich den nicht erkenne) dahinter steht ein Gott, der für den Sinn geradesteht - wenn ich das glauben könnte, dann hätte ich Freude und dann würde ich manches vielleicht noch ganz anders tun - bewusster und verantwortlicher.
Ja, wenn! Aber wer sagt mir, daß das so ist, dass es einen solchen Sinn gibt? Wer sagt mir das?
Ich kann diesen Kaufmann verstehen mit seiner Perle: Daran hängt für ihn auf einmal alles. Für mich hängt so alles an der Frage, ob es dieses Himmelreich - diese Einladung Gottes wirklich gibt?
Wenn es die wirklich gibt und wenn ich die finde, dann könnte das für mich sein wie für den Kaufmann das mit der Perle. Dann könnte das mich mitreißen zu einer neuen Weise, mein Leben zu sehen und zu gestalten. Dann könnte mich diese Freude packen.
Aber wo ist diese Einladung?
Jesus, der dieses Gleichnis erzählt hat – Jesus selbst ist diese Einladung!
Er hat es einmal so gesagt: Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken - ich will euch geben, das ihr aufatmen könnt!
Ja das ist es:
Aufatmen!
Mensch sein!
Zur Ruh kommen in der Gewissheit:
Ich darf zweifeln – aber ich muss nicht ver-zweifeln.
Vielleicht bin ich alleine – aber ich bin nicht verlassen.
Vielleicht ist meine Zukunft ungewiss, aber die Ungewissheit ist voll Hoffnung:
Ich bin geboren – komme was wolle!
Und genau diesen Glauben habe ich von Jesus: Als man ihn kreuzigte, schien es erwiesen. Alles Hoffen ist zu Ende. Aller Glaube an einen Sinn war vergeblich. Und was bleibt, ist die Angst und ist der Tod. Aber gerade da, wo das so zwingend vor Augen stand – gerade da hat er auf Gott gesetzt: Vater in deine Hände befehle ich meinen Geist, mein Schicksal!
Und Jesus hat recht behalten: Auferstehung, das heißt: Gott hat ihm recht gegeben! Gottes Herrschaft ist stärker! Gottes Einladung bleibt bestehen - für uns alle.
Als ich das zum ersten Mal verstanden habe, da war auch ich – wie der Kaufmann – überrascht von der Freude. Für mich hat das zu einer neuen Orientierung meines Lebens geführt. Ich sehe nun, das es falsch ist zu meinen, es kommt zuerst darauf an was ich habe.
Jetzt weiß ich,
- es kommt darauf an wer ich bin
– wofür ich eintrete
– wie ich mit anderen Menschen umgehe.
Wie Gott mich sieht – das ist mir jetzt wichtig!
Freude, das heißt nicht, das ich jetzt jeden Tag himmelhochjauchzend erlebe. Nein, nach wie vor ist vieles einfach Pflicht. Oft ist es Mühe, Sorge und manchmal auch Angst. Und manches misslingt mir, obwohl ich es gut vorhatte. Und dann bin ich enttäuscht.
Aber die Grundtendenz stimmt! Ich glaube: Am Ende wird es aufgehen! Ich werde ankommen. Denn wir sind eingeladen zum Himmelreich. Zu einem Leben im Vertrauen auf Gott. Zu einem Leben, dass über alle Vorläufigkeit erhoben sein wird. Zu einem Leben, das nicht aufhört.
Und deshalb kann ich jetzt
- der Angst entgegentreten
- in meinem Leben
– und bei anderen.
Ich will anderen Menschen Mut machen. Denn das Wort Jesu macht mir Mut.
Ich werde sagen, dass es darauf ankommt, wie wir leben und wie wir mit dieser Welt umgehen. Ich werde sagen, dass wir verantwortlich sind.
Ich will sprechen gegen ein fragliches „Wachstum“, das uns die Sicht verstellt für die Menschen in Not.
Ich will sprechen gegen einen „Wohlstand“, der uns unfähig macht für den Gauben und die Liebe. Ich will eintreten gegen einen Lebensstil, der nur an heute denkt. Und ich will versuchen so zu leben, das andere sehen können, was Hoffnung ist.
Und wo man mich fragt nach meinem Motiv, da will ich sagen: Ich habe die Worte Jesu gelesen und ich glaube sie – und da bin ich überrascht worden von der Freude.
Denn er hat uns gesagt: Wir alle sind eingeladen zum Himmelreich, zu einer neuen Möglichkeit zu leben, zu einem Leben, das nicht aufhört – wir alle!
Und das sollte nicht Grund sein zur Freude?
Und in seiner Freude ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte diese Perle!